der pure Fahrspaß:

EML HW2 BMW R100 Gespann


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Baujahr: 1982
Beginn: Q4/2001
Dauer: 1/2 Jahr intensiv, seither sporadisch
Status: zugelassen/fahrbereit


Auch hier zunächst ein Bildchen vom betreffenden Fuhrwerk, einer BMW - wie der Laie sofort sicher zu erkennen glaubt...



...nun, knapp vorbei ist auch daneben. Im Brief steht: "Stahmer Rantrum".

Das ist der Importeur (ein Motorradhändler in Norddeutschland) der Maschine, zu der der Rahmen wohl mal gehört hat.
Und weil diese Geräte damals durchweg als Einzelstücke von den Importeuren zugelassen wurden, ist der eigentliche Hersteller - EML - im Brief nicht mal erwähnt. Dabei ist der Rahmen dem BMW-Rahmen nur optisch ähnlich.
Im Gegensatz zu dem von BMW ist er komplett geschweisst, und dem Gewicht nach zu urteilen nicht aus den dünnwandigsten Rohren.
Von BMW sind nur Motor, Getriebe, Antrieb und die Ausrüstungsteile.

EML ist ein holländischer Hersteller von Beiwagenmotorrädern.
Ursprünglich stand die Abkürzung EML für "Eigenmakelij"... muss man das übersetzen?

Das Gespann habe ich in langwieriger Kleinarbeit innerhalb eines halben Jahres aus Teilen zusammengesetzt, die ich nach und nach aus den verschiedensten Quellen - meist per Internet - beschafft habe. Erst nur den Rahmen der Maschine mit Schwinge und Stoßdämpfern (eBay), dann das Seitenwagengestell (neu von Stahmer), einen leicht getunten Motor mit Getriebe (HPN-Forum), Achtspeichen-Räder (eBay)



Tank, Schutz"bleche", Sitzbank, Bremsen, Kleinteile (meist von eBay), schließlich ein Boot (Boxer-Forum):



Vorbild war eine Ausführung, wie sie bei der Polizei in Amsterdam und den Haag um das Jahr 1980 herum für schneidige Eskorten der Königin und andere Personenschutzaufgaben eingesetzt wurde (das muss damals für Herrn Winkelhuis ein richtig großer Auftrag gewesen sein):



Die Maschinenpistole des einen der beiden böse dreinblickenden Herren hatte gnädigerweise schon jemand wegretuschiert - sonst hätte ich das gemacht. Schließlich bin ich staatlich geprüfter Gewaltgegner.

Und weil der Apparat eine Erstzulassung von 1981 im Brief hat ist er alt genug um an Ausfahrten von Clubs historischer Fahrzeuge teilzunehmen - 2007 hat es sogar zum Gesamtsieg der Eurode Oldtimerfahrt der Scuderia Roda Herzogenrath gereicht:



Nun ja, im Hinblick auf die Praxistauglichkeit entspricht die Maschine nicht so ganz 100%ig genau dem Vorbild.

Das Blaulicht- und Martinshorngeraffel gibt es nicht (das würde amtlicherseits nicht gerne gesehen), und zu der Windschutz-Scheibe - die allerdings zu Hause in der Garage hängt - habe ich mich nie recht durchringen können. Trotzdem vielen Dank dafür an Heinrich und seine Berta.

Stattdessen ist vorne auf dem Boot noch ein zusätzlicher Gepäckträger drauf, was schon verschiedentlich sehr praktisch war, insbesondere wenn es galt, gleich mehrere Fahrgäste nebst den zugehörigen Plüschtieren zu transportieren.



Einen hinteren Sitz - mit Schnellwechsel-Halterung zum Abnehmen und im-Kofferraum-Verstauen vielleicht - könnte es noch brauchen, für den seltenen Fall dass Muttern auch mal mitfahren möchte...

Nicht 100% originalgetreu sind auch Motor und Getriebe, die von einer - leistungsgesteigerten - R100 G/S der letzten Modellreihe stammen, sowie die verwendete Anzeigearmatur, die aus einem LED-beleuchteten Fahrradtacho Sigma Sport (mit Beleuchtung im Brief eingetragen) und neuerdings einem Drehzahlmesser der neueren R100 besteht.

Und: die Bremsen! Die Original-Bremsanlage "EML" an der HW1 vorne war berühmt-berüchtigt für ihre mangelhafte Wirkung.

Später (HW2) wurden dann die serienmäßigen (Brembo) BMW Bremszangen und -Scheiben verbaut.
Die sind zwar - Doppelscheibe vorn sei Dank - schon recht wirkungsvoll, aber immer noch nicht optimal, zumal die gelochten Scheiben von BMW lange zur Rissbildung neigten, was alle zwei Jahre den TÜV ins Grausen treibt.

Spätestens bei den Bremsen sollen aber keine Kompromisse sein... also hat das Gespann im Endausbau am Vorderrad zwei K100-Bremsscheiben und Brembo gold Vierkolbenzangen P4-34/30 (dto. am Boot) und hinten eine Brembo gold Zweikolbenzange bekommen:




Damit ist nun das Niveau der Bremsanlage den Fahrleistungen angemessen. Es bremst sich hervorragend, lässt sich perfekt dosieren - so soll es sein.

Behutsame Pflege könnte ich jetzt - ohne die Nähe zum Original zu zerstören - noch den Stoßdämpfern und dem Reifengummi angedeihen lassen. Die Dämpfer sind immer noch die Konis aus den frühen Achtzigern... vermutlich ohne je eine Überholung bekommen zu haben (die Fuhre fängt bei scharfer Fahrweise leicht das Tanzen an). Ob ich mir aber die Nachbauten aus Australien Marke "Ikon" antun möchte - da bin ich noch nicht sicher. Vieleicht einen Satz von Wilbers, aber mit diskret schwarzen Federn.

Die Bereifung in 135x15 ist leider nicht in vernünftigen Mischungen zu bekommen. Solche Reifen werden nur noch auf altertümlichen Kleinwagen benutzt, es gibt noch den F560 und einen von Toyo, oder - für Fans des schwammigen Fahrgefühls - den Originalnachbau des Michelin ZX Entenreifens. Alle haften nicht besonders gut... dafür halten sie lange. Die allseits beliebten Smart-Vorderreifen sind Niederquerschnittsreifen, haben also einen anderen Abrollumfang und müssen eingetragen werden, zusammen mit einer angepassten Wegdrehzahl des Tachos (Der Sigma Sport lässt sich ja glücklicherweise programmieren).

Großen Erfolg hat testweise die Verwendung eines Motorrad-Hinterreifens 130/90-15 auf dem Vorderrad gehabt: Die runde (statt eckige) Querschnittsgeometrie beseitigt die Spurrillen-Empfindlichkeit schlagartig. Das Handling hat sich deutlich verbessert, die Bremsleistung ist wider ersten Bedenken erhalten geblieben. Die Gummimischung macht es offenbar mehr als wett!



Der abgebildete 140er, den ich probehalber zuerst dran hatte, schleift schon im Normalbetrieb an Fahrwerkskomponenten - damit brauche ich mich beim TÜV gar nicht erst blicken lassen.

Weitere Experimente finden derzeit mit federlosen Federbeinen statt (Fournales):



Mehr dazu sobald es soweit ist.

Ganz allgemein - das Fahren... also: es macht einen echten Heidenspaß. Es ist zugegebenermaßen schon etwas Arbeit, das Ding auf der Straße zu halten, wenn es mal schnell geht. Beim Gasgeben will das Vorderrad brutal zum Straßenrand, und asymmetrisches Bremsen gehört zur Kurvenfahrt.

Aber die lohnt sich! Klar sind moderne Maschinen viel schneller... bei vergleichbarem Gewicht: also doch die wenigsten. Und Autos: das müssen schon extrem gut motorisierte sein. Nicht schnurheil geradeaus auf der Autobahn, natürlich. Das kann ja jeder Depp - nein, kleine, kurvenreiche Landstraße, Straßen letzter Ordnung... Das Rausbeschleunigen aus Serpentinen und Anbremsen in die nächste hinein! Da braucht ein Auto (Annahme: Gewicht 1250kg) schon 350 PS für vergleichbare Fahrleistungen - und macht trotzdem lange nicht so viel Spaß.
Vielleicht ein Lotus Super Seven oder Elise... so ungefähr 170PS an 650, höchstens 750 kg Fahrzeuggewicht.
Aber das wäre doch bloss ein Auto - da sitzt man nur innen drin statt obenauf im Freien.

Fahrspaß in reiner Form! Der Berg ruft - z. B. oberhalb Brenzone am Gardasee:




Das Wasser reichen kann die Kuh der feuerroten Schönheit im Bild auf engen Strecken durchaus.
Kurve hinter Kurve hinter Kurve ... wie (Tipp!) am Lago di Valvestino entlang, wo dieser Spaß schier kein Ende nehmen will.
Da ist die Kuh mitten drin in ihrem Element! Die "rote" bleibt zwar dran hängen, denn sie hat ja mehr als die doppelte Leistung, muss aber, um sie frei zu setzen, doppelt so hoch drehen und viele viele schwere Kilos schleppen... das ist offenbar nicht das Ding für italienische Pferdchen.

Das traurige Ende dieser Geschichte war allerdings, dass die Kuh auch noch als Schlepper ran musste - das Herz der roten war stecken geblieben. Warum auch immer - sie musste die Heimreise per Spedition auf Versicherungskosten antreten.
Ab da ein Passagier im Boot und doppeltes Gepäck: Kaum weniger Spaß, in Rechtskurven sogar eher noch mehr.

Einer meiner liebsten Pässe - der Mendel Pass (bei Bozen):



Technische Daten
Hersteller: EML Techniek Niederlande
Hersteller lt. Brief: Stahmer Rantrum
Modell: HW2
Motor: BMW R100RS
998 ccm Hubraum
Besonderheiten:
8 mm gekürzte Zylinder für erhöhte Verdichtung, kurze Mahle Slipperkolben,
geänderte Steuerzeiten (sog. Drehmomentnockenwelle), Doppelzündung,
geänderte Übersetzung für kürzeren ersten und längeren fünften Gang.
Bremsanlage mit Brembo Gold Vierkolbenzangen 34/30 (zwei vorne, eine rechts).
Leistung 57kW (78 PS) bei 7500 /min,
max. Drehmoment 84Nm bei 5500 /min ausgelegt.
Höchstgeschwindigkeit 164km/h (da muss man sich trauen), abhängig von der Endübersetzung und Reifengröße.
Gesamtgewicht (fahrfertig) 285 kg
Leistungsgewicht um 5 kg/kW [3,7 kg/PS] Seitenwagenboot von EML E2000
Seitenwagengestell von EML GT